[PPD] Brief an Galileo Galilei

Brief an Galileo Galilei

Mit diesem Brief möchte ich Ihnen, sehr geehrter Galileo, zu Ihrem überwältigenden Sieg über die Religion gratulieren. Sie haben gewonnen. Die Kirche hat verloren. Doch es kommt nicht so richtig Freude auf über den Sieg der Wissenschaft über die Religion, denn unsere Gesellschaft hat dadurch ihr Fundament verloren und ist je länger je mehr auf Treibsand gebaut. Die Ironie der Geschichte ist, dass der Kampf, den Sie gegen die übermächtige Kirche ausgetragen haben, letztlich auf einem Missverständnis beruht hat.

Bitte erlauben Sie mir für die Erklärung dieses Sachverhaltes etwas in die Vergangenheit zurück zu blenden, in die Zeit Ihres Lebens und Wirkens in der damaligen Metropole der religiösen Macht, ins päpstliche Rom des 16. Jahrhunderts. Damals herrschte eine tiefe Kluft zwischen der Wissenschaft und der Religion und viele namhafte Wissenschaftler wie Kopernikus wurden von der römischen Kirche brutal verfolgt und ermordet und das nur, weil sie wissenschaftliche Wahrheiten enthüllt hatten, die dem falschen Weltbild der Kirche widersprachen. In dieser Zeit gab es in Rom eine Gruppe von Wissenschaftlern, die sich gegen die Allmacht der Kirche zu wehren begann. Da sie von der römischen Kirche erbarmungslos verfolgt wurden, waren sie dazu gezwungen, in den Untergrund zu gehen. Sie hatten sich alle der Suche nach der wissenschaftlichen "Wahrheit" verschrieben und kämpften gegen das kirchliche Monopol auf die "Wahrheit", weil dieses den akademischen Fortschritt behinderte.

Der Name für ihre Geheimbruderschaft sollte diesen Streit zum Ausdruck bringen. So fanden sie ihren Namen im grossen Widersacher Gottes und damit auch der Kirche, im gefallenen Engel Luzifer, was "Lichtbringer" oder "Illuminator" bedeutet. Die Geheimbruderschaft war aber zumindest zu Beginn keine satanische Vereinigung. Die Bruderschaft der "Illuminati" wuchs und schon nach kurzer Zeit gehörten Gelehrte aus ganz Europa dieser Vereinigung an. Ihren geheimen Unterschlupf in Rom nannten sie "Kirche der Erleuchtung". Sie, sehr geehrter Galileo, waren einer der führenden Köpfe dieses Geheimbundes und als überzeugter Pazifist waren Sie es auch, der die anderen davon überzeugte, der Tyrannei der Kirche nicht mit Gewalt zu begegnen. Als gläubiger Katholik versuchten sie vielmehr, die Position der Kirche aufzuweichen, indem Sie behaupteten, dass die Wissenschaft die Existenz Gottes nicht unterminieren, sondern vielmehr dazu beitragen würde, diese zu festigen. Sie waren überzeugt davon, dass Wissenschaft und Religion sich nicht gegenseitig ausschliessen, sondern dass es letztlich zwei verschiedene Systeme sind, welche die gleiche Geschichte des Universums, der Erde und des Lebens lediglich in einer anderen Sprache erzählten.

Unglücklicherweise wurden Sie von der Kirche nicht verstanden und so kam es zu diesem tragischsten Prozess aller Zeiten. Obwohl Ihre Beweise für das heliozentrische Weltbild unumstösslich waren, wurden Sie von der Kirche wegen Gotteslästerung angeklagt und für schuldig befunden. Ihre Verhaftung löste unter den Illuminati einen Aufruhr aus und es wurden Fehler begangen, sodass die Kirche hinter die Identität von vier Mitgliedern kam. Sie wurden festgenommen, verhört und gefoltert, doch die Wissenschaftler schwiegen. Daraufhin wurden sie bei lebendigem Leib mit einem Kreuz auf der Brust gebrandmarkt und brutal ermordet. Ihre Leichen wurden als Warnung für die Sympatisanten der Illuminati in die Strassen Roms geworfen. Nach diesem Vorfall gingen die Illuminati nach tiefer in den Untergrund und viele von ihnen flohen aus Italien. Daraus entstand eine tief antichristliche Bruderschaft, eine mächtige und sehr geheime Sekte mit mysteriösen Riten. Auf der Suche nach einem sicheren Ort, wo sie sich neu gruppieren könnten, wurden sie von einer anderen geheimen Bruderschaft aufgenommen, der Gesellschaft wohlhabender bayerischer Steinmetze, die sich "Freimaurer" nannten. In der Folge unterwanderten die Illuminati die Bruderschaft der Freimaurer und errichteten verborgen unter dem Deckmantel der Freimaurer ihre alte wissenschaftliche Bruderschaft. So gewannen sie grossen Einfluss in Europa und Amerika und halfen bei der Gründung von Universitäten, Banken und Industrien um ihr angestrebtes Ziel zu erreichen: Der Schaffung einer Weltregierung, einer säkularisierten neuen Weltordnung, die auf wissenschaftlicher "Erleuchtung" basieren sollte.

Nach diesem Rückblick in die Vergangenheit möchte ich nun zu meinem Anliegen dieses Briefes kommen. Die Wissenschaft hat gewonnen, die Religion hat verloren. Wir leben heute tatsächlich in einer säkularisierten, also in einer antireligiösen Gesellschaft und es sind Bestrebungen im Gange, eine Weltregierung zu schaffen, welche dereinst alle Menschen vereinen wird. Die Religion ist zu einem eigenartigen Museumsstück verkommen, das keinerlei Relevanz für unser Leben mehr besitzt. Sie haben uns zwar von der Macht der Kleriker befreit, wofür ich Ihnen dankbar bin, aber der Preis dafür ist hoch, denn viele Menschen haben ihren Glauben an Gott mit dem Glauben an die Wissenschaft ausgetauscht und andere haben ihr Fundament des Glaubens verloren. Ueberdies, was für einen Lebenssinn wollen Sie den Menschen aus der Wissenschaft heraus geben? Urknall und Evolution können dem Menschen kein Gefühl vermitteln, dass ihr Leben eine tiefere Bedeutung haben könnte, die über die irdische Existenz hinaus reicht und die auch weit über dem von der Wissenschaft Erfahrbarem steht: Die Bedeutung der unendlichen Liebe Gottes!

Sehr geehrter Galileo, im Gegensatz zu vielen Wissenschaftlern unserer Zeit waren Sie noch überzeugt davon, dass Wissenschaft und Religion Verbündete sein sollten. Sie schrieben, dass Sie beim Blick durch ein Teleskop auf die sich drehenden Planeten Gottes Stimme in der Musik der Sphären hören könnten und dass Ihnen dieser Blick eine Geschichte von Symmetrie und Ausgewogenheit, von Himmel und Hölle und vom endlosen Widerstreit von Gut und Böse erzähle. Diese Geschichte kann auch ich vernehmen, wenn ich meinen Blick in der Nacht gegen den Sternenhimmel richte. Durch diese verschwenderische Fülle und die unvorstellbaren Ausmasse erhalte ich eine kleine Ahnung von der unendlichen Grösse unseres Schöpfers. In solchen Augenblicken wird mir auch das Missverständnis zwischen Ihnen und der Kirche bewusst: Denn es ist ohne Belang, ob wir uns genau im Zentrum des Universums befinden, von Belang ist einzig, dass wir uns im Zentrum des Interesses Gottes befinden und somit im Zentrum seines Zweckes. Das ist die wahre Erkenntnis, mit der sich Wissenschaft und Glauben vielleicht eines Tages wieder finden könnten.

Gian Luca Carigiet, ProGenesis, 12. April 2003


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