Teil 2: Alternative Chronologien

Thema 5: Chronologie des Altertums
Probleme und Alternativen zur Chronologie

Teil 2: Alternative Chronologien
Vergleich der alternativen Chronologien

Im ersten Teil haben wir die die „revidierte“ mit der „neuen“ Chronologie verglichen und festgestellt, dass diese beiden „alternativen“ Chronologien (alternativ in Bezug auf die herkömmliche Chronologie) in der „älteren“ Geschichte (von Joseph bis zur Landnahme), ausser bei der Frage, wann Joseph tatsächlich gelebt hat, gut übereinstimmen. Bei der „neueren“ Geschichte (von der Richterzeit bis zu den ersten Königen von Israel) weichen die beiden Chronologien aber ständig ab, sodass bei den überprüften Daten keine einzige Uebereinstimmung erreicht werden konnte. Bei näherer Betrachtung hat sich aber gezeigt, dass das einzige Problem die tatsächliche Dauer der Hyksos-Periode ist, denn die neue Chronologie setzt das Ende der Hyksos-Periode rund 150 Jahre früher fest als die revidierte Chronologie, und diese 150 Jahre bleiben somit bei allen Daten 6 bis 9 als Unterschied zwischen der neuen und der revidierten Chronologie bestehen. In diesem Teil beschäftigen wir uns nun mit der Frage, welche von beiden Chronologien die wahrscheinlichere ist

Die Regierungszeiten der Könige des Südreiches
Bevor wir aber in das Thema einsteigen, müssen wir noch ein weiteres Problem klären. Beide Chronologien legen die Regierungszeiten der Könige Israels und Judas nach Edwin Thiele (The Mysterious Numbers of the Hebrew Kings, Chicago 1951) fest und stellen diese Daten nicht in Frage, obwohl Edwin Thiele im Widerspruch zur Bibel steht, denn die kumulierten Regierungsjahre der Herrscher des Südreiches betragen 390 Jahre (von Rehabeam bis Zedekia) und nicht 345 wie nach Edwin Thiele. Dies entspricht einer Differenz von 45 Jahren. Diese 390 Jahre der Bibel können auch aus Hesekiel 4,4-6 hergeleitet werden, wo die Schuld Israels mit 390 Tagen, was in diesem Vers 390 Jahren entspricht, festgelegt wird. Wenn man nun von der biblischen Chronologie ausgeht und die Regierungszeiten der Könige des Südreiches mit 390 Jahren annimmt, verschiebt sich das Datum des Exodus aus Aegypten um diese 45 Jahre auf das Jahr 1491 v..Chr. (revidierte Chronologie = 1446 v.Chr./neue Chronologie = 1447 v.Chr.). Bereits James Ussher, Erzbischof von Irland (1581-1656) legte, zusammen mit dem gelehrtesten Hebraisten jener Zeit, John Lightfoot (1602-1675), das Datum des Exodus auf das Jahr 1491 v.Chr. fest.

Wann hat Joseph tatsächlich gelebt?
Wie lange dauerte nun aber der Aufenthalt der Israeliten in Aegypten und daraus abgeleitet, wann hat Joseph tatsächlich gelebt? Die Beantwortung dieser Frage hängt ganz von der Interpretation von 2. Mose 12,40 ff sowie Gal 3,17 ab, ab wann man diese 430 Jahre rechnet. Die revidierte Chronologie rechnet die Dauer von Jakob an, als dieser auf dem Weg nach Aegypten war (1. Mose 46). In 2. Mose 12,40 wird die Zeit des Aufenthaltes der Söhne Israel mit 430 Jahren angegeben.1 Das Volk wird hier „Söhne Israel“ genannt und diese Stelle bezieht sich demnach auf Jakob und nicht auf Abraham denn Jakob erhielt von Gott den neuen Namen Israel und nicht Abraham. In 1. Mose 46 lesen wir im ersten Vers, dass „Israel“ mit allem was er hatte aufbrach und nach Beerscheba kam, wo er dem Gott seines Vaters Isaak Schlachtopfer opferte. In Nachtgesichten sprach Gott folgendes zu ihm: „Ich bin Gott, der Gott deines Vaters. Fürchte dich nicht, nach Aegypten hinabzuziehen, denn zu einer grossen Nation will ich dich dort machen!“ (Vers 3). In diesen Versen ist nirgends die Sprache von Abraham, sodass die 430 Jahre tatsächlich auch ab diesem Zeitpunkt gerechnet werden könnten und nicht bereits ab Abraham. Gegen die kurze Version des Aufenthaltes des Volkes Israel in Aegypten spricht im weiteren, dass 215 Jahre wahrscheinlich nicht genügen, um aus einer Familie von etwa 70 Seelen ein Volk von rund 1,5 Mio. Menschen anwachsen zu lassen (600'000 Mann gemäss 2. Mose 37, zusätzlich Frauen und Kinder = ca. 1,5 Mio.). Nach der neuen Chronologie dauerte der Aufenthalt in Aegypten nur 215 Jahre und die 430 Jahre werden von der Zeit Abrahams an gerechnet. Diese Sicht geht vor allem zurück auf Josephus‘ Jüdische Altertümer sowie auf die Uebersetzung der Septuaginta.2 Diese Auffassung findet seine Entsprechung auch in Gal 3,17 wo es heisst: „Dies aber sage ich: Einen vorher von Gott bestätigten Bund macht das vierhundertdreissig Jahre später entstandene Gesetz nicht ungültig, so dass die Verheissung unwirksam geworden wäre“. Aufgrund dessen ist es wahrscheinlicher, die 430 Jahre von Abraham an zu rechnen.

Wer war Josephs Pharao?
Eine weitere kleinere Abweichung in der älteren Geschichte Israels betrifft die Frage, wer Josephs Pharao war. Die revidierte Chronologie schlägt Sesostris III. vor, die neue Chronologie seinen Sohn und Mitregenten Amenemhet III. Folgende Argumente sprechen aber für Sesostris III als Josephs Pharao:3

(1) Ueber eine Hungersnot zur Zeit Sesostris III. ist kein direkter Hinweis zu finden, wohl aber ein indirekter. Im zehnten und neunzehnten Regierungsjahr werden „Schwierigkeiten bereitende niedrige Wasserstände“ registriert. Weiter wurde eine Inschrift aus dem achten Regierungsjahr von Sesostris III. gefunden, die berichtet, dass ein Kanal verstopft war und sauber gemacht werden musste.

(2) Während der sieben Jahre Hungersnot fanden Reformen im Lande statt. Im Austausch gegen Korn gaben die Menschen dem König ihr Land, sie bearbeiteten es und bezahlten den fünften Teil der Ernte als Pacht. Es gibt eindeutige Hinweise dafür, dass während der Regierung von Sesostris III. etwas ähnliches stattfand

(3) Während der zwölften Dynastie war Memphis die eigenliche Hauptstadt Aegyptens, also direkt im Süden des Nildeltas. Unter Sesostris III. entstand in Gosen eine administrative Hauptstadt, in der die Handelsrouten zusammen trafen. Dies erklärt, warum Joseph seinen Brüdern so leicht begegnen konnte

(4) Unter diesem Pharao wurden die Gräber der Gaufürsten nicht mehr erbaut und allgemein war diese Zeit von einem Niedergang der Gaufürstentümer geprägt. Diese Fakten können dem Wirken des Wesirs Joseph zugeschrieben werden

(5) Ab dem 8. Regierungjahr des Sesostris III. fehlen die Aufzeichnungen der Nilpegelstände, was auf zu niedrige Wasserstände zurück geführt werden könnte. Die Aufzeichnungen werden erst mit dem Sohn und Nachfolger von Sesostris III., Amenemhet III. weiter geführt.
Es kann natürlich nicht völlig ausgeschlossen werden, dass der Sohn von Sesostris III., Amenemhet III., Josephs Pharao ist; für Sesostris III. sprechen aber die besseren Argumente.

Wie lange dauerte die Hyksos-Periode?
Nun wenden wir uns der schwierigen Frage zu, wie lange die Hyksos-Periode dauerte. Beide Chronologien gehen davon aus, dass die Amalekiter, die in Refidim in der Wüste gegen Israel gekämpft haben (2. Mose 17,8-16) mit den Hyksos identisch sind. Nach Manetho sind die Hyksos Araber, alten arabischen Historikern zufolge regierten die Amalekiter lange Zeit in Arabien, bis sie eine Zeit grosser Plagen überfiel, worauf sie zum Roten Meer flüchteten, Aegypten überfielen und es besetzten, so dass nach Meinung dieser Historiker während langer Zeit amalekitische Pharaonen den ägyptischen Thron innehatten. Dies erklärt denn auch, warum Amalek um das Jahr 1400 v.Chr. „erstes der Völker“ genannt wurde, wie es möglich ist, dass Amalek Niederlassungen in Palästina hatte, dass Amalek der grösste Feind Israels wurde und eine bis Aegypten reichende Macht hatte. Beide Chronologien setzen das Ende der Hyksos-Periode zu Beginn der 18. Dynastie fest. Die Diskrepanz besteht deshalb einzig in der Frage, wie lange die Hyksos-Periode tatsächlich gedauert hat. Gemäss der neuen Chronologie dauerte diese Periode ca. 250 Jahre, nach der revidierten Chronologie aber ca. 400 Jahre. Durch diese Differenz von 150 Jahren stimmt die der Hyksos-Periode folgende Zeit bei den beiden Chronologien nicht mehr überein.

Nach der revidierten Chronologie wurde Aegypten die ganze Richterzeit hindurch durch die Hyksos beherrscht, also rund 400 Jahre, und sie bezieht sich auf 1 Sam 15, den Krieg von Israel unter König Saul gegen Amalek. In Vers 2 stellt Gott ganz klar einen Bezug her zum Auszug aus Aegypten, als sich die Amalekiter den Israeliten in den Weg stellten. Als Gericht dafür (für die Tat der Amalekiter aus 2. Mose 17,8-16) befiehlt Gott im Vers 3, Amalek mit dem Bann zu schlagen. Für den Krieg gegen Amalek mustert Saul 210'000 Mann, also ein ziemlich ansehnliches Heer. In Vers 5 wird berichtet, dass Saul zu der Stadt der Amalekiter kam. Bei dieser Stadt kann es sich um Awaris gehandelt haben, denn nach einer ägyptischen Inschrift besiegte Amosis, der Gründer der achtzehnten Dynastie und erster Pharao des Neuen Reiches, die Hyksos und nahm die Stadt Awaris ein. Es ist nun denkbar, dass dies zusammen mit König Saul geschehen ist, denn Saul schlug die Amalekiter von Hawila bis nach Schur, das vor Aegypten liegt (Vers 8). Weiter berichtet uns die Bibel, dass Saul Agag, den König der Aegypter lebend ergriff. Da Saul den König entgegen dem Befehl Gottes verschonte, prophezeite ihm Samuel, dass das Königtum von Sauls Haus genommen würde. Agag wird dann schliesslich von Samuel persönlich getötet (Verse 32/33). Die einzigen amalekitischen Könige die in der Bibel genannt werden, sind Agag oder Agog zur Zeit der Wüstenreise und Agag in der Zeit Sauls. Diese Könige könnten aber ebensogut auch Apop geheissen haben. Auf einem Schrein aus El-Arisj wird uns berichtet, dass der Führer der Amu (Amu = Amalekiter) Apopi hiess. Im weiteren wissen wir, dass der erste Pharao des Hyksos-Reiches Apop I. hiess und der zweite „Agog“ dann Apop II. war, der letzte Herrscher des Hyksosreiches. In anderen Quellen werden diese beiden Pharaonen Ogyges genannt.4 Ausserdem ist es auffallend, dass die Aegypter oder die Amalekiter die ganze Richterzeit hindurch (immerhin etwa 400 Jahre) in der Bibel kein einziges Mal erwähnt werden!

Die neue Chronologie nimmt hingegen keinen Bezug zu 1 Sam 15 sondern ermittelt den Beginn der 18. Dynastie und somit das Ende der Hyksos-Periode aufgrund der Sonnenfinsternis über Ugarit.5 Die Beweisführung erfolgt dabei über eine kleine Tafel, die den Namen KTU-1.78 erhielt. Diese trägt auf der Vorderseite folgende Inschrift: „Der Tag des neuen Mondes von Hiyyaru wurde beschämt, als die Sonne(ngöttin) unterging, mit Raschp als ihrem Torhüter“. David Rohl interpretiert diesen Text nun so, dass am Tag des Neumondes eine totale Sonnenfinsternis stattfand und zwar im Monat Hiyyaru (Mitte April bis Mitte Mai) kurz vor Sonnenuntergang. Mit dem Computerprogramm „Redshift“ wurde dieses Geschehen auf den 9. Mai 1012 v.Chr. um 18.09 Uhr berechnet. Aufgrund eines Briefes (EA 151) von Abimilku, dem Herrscher von Tyrus, an Echnaton, worin er über einen Palastbrand in Ugarit berichtet, der diesen zur Hälfte zerstörte, wird dieses Geschehen der Zeit nach dem Tod von Amenophis III. zugeordnet, kurz nachdem Echnaton in seinem zwölften Jahr alleiniger Herrscher in Aegypten geworden war. Aufgrund dieser beiden Daten legt David Rohl die Regierungszeit von Echnaton auf die Zeit von 1022-1006 v.Chr. fest und rechnet dann aufgrund der Regierungsjahre gemäss herkömmlicher Chronologie (meiner Meinung nach ein Widerspruch, da David Rohl die offizielle Chronologie teilweise stark in Frage stellt) zurück bis zu Pharao Ahmose, dem er die Regierungszeit von 1194-1170 zuordnet. Da es sich beim Pharao Ahmose um den ersten Herrscher der 18. Dynastie handelt, muss das auch gleichzeitig das Ende der Hyksos-Periode sein. Nun, so schön wie diese astronomische Rückrechnung auch ist, sie weist einige Haken auf. Zum einten ist die Uebersetzung des Textes auf der Tafel KTU-1.78 nicht sicher und es gibt andere Vorschläge, wie man diesen Text übersetzen soll. Zum anderen hat am 2. April 1345 v.Chr. eine partielle Sonnenfinsternis stattgefunden. Aufgrund dieser partiellen Sonnenfinsternis wurde die Regierungszeit von Echnaton in der herkömmlichen Chronologie auf die Zeit von 1352-1336 v.Chr. festgelegt, dies bedeutet, dass dieses Geschehen auch von der herkömmlichen Chronologie als „Beweis“ in Anspruch genommen wird. Und zum letzten ist es nicht hieb- und stichfest erwiesen, dass zwischen dem Brief EA 151 des tyrischen Herrschers Abimilku und der Tafel KTU-1.78 ein direkter Zusammenhang besteht. Aufgrund dessen muss diese Interpretation als spekulativ bezeichnet werden.

Biblische Chronologie
Zu welchen Erkenntnissen sind wir bisher gelangt? Es gibt nach wie vor kein einziges sicheres Datum ausserhalb der biblischen Chronologie aus der Zeit vor dem Jahr 664 v.Chr. als die Assyrer Theben eroberten! Entgegen der allgemein anerkannten Chronologie der Könige von Israel und Juda von Edwin Thiele berichtet die Bibel von einer um 45 Jahre längeren kumulierten Regierungszeit. Dies würde bedeuten, dass die Regierungszeit von Saul in die Jahre 1095 bis 1055 fallen würde. Das Ende der Hyksos-Periode müsste demnach irgendwann in den Jahren um 1085 v.Chr. angesetzt werden (gegen Mitte von Sauls Herrschaft). Wenn nun die revidierte Chronologie den Beginn der 18. Dynastie und somit des neuen Reiches um diese Zeit ansetzt, stellt sich die Frage, ob die Zeit von 1075 bis 664 v.Chr. genügt, um die 18. bis und mit 25. Dynastie in diese Zeitspanne von etwas mehr als 400 Jahren unterzubringen? Das Problem liegt hier vor allem bei der „dritten Zwischenzeit“ (21. bis 25. Dynastie) die von David Rohl als „chronologischer Morast“ bezeichnet wird.6 Da so viele Zweifel an der tatsächlichen Dauer der dritten Zwischenzeit bestehen, bleibt den Wissenschaftlern nichts anderes übrig, als ausgehend vom einzigen sicheren Datum (664 v.Chr.) die ägyptische Chronologie neu aufzubauen. Was heute aber von vielen Wissenschaftlern anerkannt wird, ist, dass z.B. die 22. 23. und 24. Dynastie parallel anzusetzen sind und sich auch die 25. Dynastie mit den vorhergehenden teilweise überschneidet.7

Wenden wir uns nun der biblischen Chronologie zu, welche zurück geht auf James Ussher (1581-1656). Es ist sehr interessant festzustellen, dass die von der herkömmlichen Chronologie akzeptierten Daten mit der biblischen Chronologie übereinstimmen (z.B. das Datum des Falles Jerusalems von 586 v.Chr.). Wenn nun dieses biblische Datum mit der herkömmlichen Chronologie übereinstimmt (bzw. die herkömmliche Chronologie mit der biblischen!) stellt sich die Frage, ob die Regierungszeiten der Könige des Südreiches von 390 Jahren nicht besser stimmen als die Interpretation von Edwin Thiele. Wie wir gesehen haben, hilft uns die ägyptische Chronologie bei der Festsetzung von Eckdaten der Geschichte vor dem Jahr 664 v.Chr. nicht weiter. Die revidierte wie auch die neue Chronologie setzen beispielsweise den Exodus aufgrund der biblischen Angabe der 480 Jahre fest, wobei sie sich auf die Chronologie von Edwin Thiele stützen und diese, wie wir bereits gesehen haben, eine Diskrepanz von 45 Jahren zur biblischen Chronologie aufweist (es ist immer wieder erstaunlich zu sehen, dass die biblische Chronologie von vielen Wissenschaftlern nur mangels besserer Daten zu Rate gezogen wird!). Aufgrund dessen vertrete ich die Meinung, dass der biblischen Chronologie der Vorzug vor allen anderen Chronologien zu geben ist und zwar solange, bis ein wirklicher und klarer Beweis erbracht wird, dass die biblische Chronologie in Frage stellt. Und dieser Beweis wurde bis heute nicht erbracht (und wird wahrscheinlich nie erbracht werden können!). Deshalb kann man aus biblischer Sicht folgende Eckdaten festlegen:

Exodus aus Aegypten 1491 v.Chr. 480 Jahre vor dem Tempelbau Salomos
Beginn der Regierung Sauls 1095 v.Chr. Saul, David und Salomo haben alle eine Regierungszeit von 40 Jahren
Beginn der Regierung Salomo 1015 v.Chr. Tempelbau im 4. Regierungsjahr Salomos, also im Jahre 1011 v.Chr.
Zerstörung Jerusalems 586 v.Chr.  

Umstritten bleibt nach wie vor die Dauer des Aufenthaltes des Volkes Israel in Aegypten, doch tendiere ich zur Berechnung der Dauer von Abraham an, als dieser von Gott berufen wird, nach biblischer Chronologie hat dieses Ereignis im Jahre 1921 v.Chr. stattgefunden (Abraham lebte nach biblischer Chronologie in den Jahren von 1996 bis 1821 v.Chr.). Diese Interpretation ist im Einklang mit Galater 3,17 sowie mit der biblischen Chronologie nach Ussher. Im weiteren ist diese Interpretation auch besser im Einklang mit einer frühen Festsetzung der Sintflut in die Zeit zwischen dem 24. und 25. Jahrhundert v.Chr. Denn nach biblischer Chronologie fand die Sintflut etwa im Jahre 2350 v.Chr. statt. Auch wenn ich persönlich die Sintflut eher etwas früher ansetze (etwa 2500 v.Chr.) fand der Turmbau zu Babel etwa im Jahre 2400 v.Chr. statt und die Pyramiden von Gizeh können deshalb nicht früher als in den Jahren zwischen 2000 bis 2200 v.Chr. erbaut worden sein.

Beide alternativen Chronologien legen den Exodus auf das Ende der 13. Dynastie fest. Wenn man weiter argumentiert, dass die 10 Plagen sowie das Ertrinken des Pharaos mitsamt seinem Heer im Meer letztendlich dazu führte, dass Aegypten von den Hyksos bzw. von den Amalekitern erobert werden konnte, kann man das Ende des Mittleren Reiches tatsächlich auf das Jahr 1491 v.Chr. festsetzen. Im weiteren gehen beide alternativen Chronologien davon aus, dass die Amalekiter mit den Hyksos identisch sind. Diese Annahme wird bei beiden Chronologien aus der Bibel abgeleitet und zwar vor allem aus 2. Mose 17,8-16. Bei der Frage nach dem Ende der Hyksos-Periode ist David Rohl aber nicht konsequent. Obwohl er in der Frage nach der Identität der Hyksos noch mit der Bibel argumentiert, erwähnt er die Verse in 1 Sam 15 mit keinem einzigen Wort. Da diese Verse aber ein sehr starkes Argument dafür sind, dass Saul in diesem Krieg gegen Amalek tatsächlich der Hyksos-Periode ein Ende bereitet hat, übernehme auch ich diese Argumentation aus der revidierten Chronologie. Da die dem Ende der Hyksos-Periode nachfolgende Geschichte abhängig ist von dieser Interpretation, folge ich in dieser Zeit der revidierten Chronologie.

Welche Parallelen gibt es nun für die Zeit nach dem Ende der Hyksos-Periode, also für die Zeit der Könige von Israel und Juda, zwischen Aegypten und Israel?

Ist die Königin von Saba identisch mit der Königin Hatschepsut von Aegypten?
Nach der revidierten Chronologie ist die Königin von Scheba identisch mit der Königin Hatschepsut. Eine Ueberlieferung im Talmud besagt, dass mit Scheba nicht das Herkunftsland der Königin bezeichnet wird, sondern ihr Name. Auch die Aethiopier erheben Anspruch auf die Königin von Scheba; sie nennen sie Makeda, während Hatschepsuts königlicher Name Makera war. Ausserdem ist Scheba oder Saba der Name der Hauptstadt des Aethiopiens jener Zeit. Der jüdische Geschichtsschreiber Flavius Josephus sagt ausdrücklich, dass die Fürstin, die Salomo besuchte, Königin von Aegypten und Aethiopien war. Im übrigen gibt es in der ganzen antiken Geschichte Aegyptens keine andere vergleichbare Königin von Aegypten als Hatschepsut. Sie beschreibt ihre Reise nach Punt und „Gottes Land“ in überschwenglicher Weise. Inschriften weisen darauf hin, dass Punt östlich von Aegypten lag und mit Byblos, der Hauptstadt von Phönizien, in Verbindung stand und dass ein Teil Palästinas „Gottes Land“ genannt wurde. In diesem Fall wäre Punt Palästina-Phönizien, und „Gottes Land“ muss das Heilige Land um Jerusalem sein. Hatschepsut reiste über das Rote Meer und den Golf von Akaba nach Elath und sie verliess Palästina an der Westküste und fand über das Meer und den Nil wieder zurück nach Theben.8

Wer ist Pharao Schischak?
Nach dem biblischen Bericht raubte Schischak unter dem König Jerobeam von Juda die
Tempelschätze aus dem Tempel in Jerusalem. Nach der revidierten Chronologie ist Thutmose III. identisch mit Schischak. Während in Israel Salomo regierte, war nach der revidierten Chronologie Hatschepsut Königin von Aegypten. Ihr Gemahl, Thutmose III., der unter Hatschepsut eine unbedeutende zweite Rolle spielte, wurde ihr Nachfolger und war ein gewaltiger Eroberer, vor allem in Palästina und Syrien. Der revidierten Chronologie zufolge ist Thutmose III. identisch mit Schischak. Die Inschriften im grossen Amontempel in Karnak geben eine ausführliche Aufzählung der Beute, die aus Palästina mitgeführt wurde; die Aufzählung stimmt treffend überein mit der biblischen Beschreibung der Schätze im Tempel und des Palastes in Jerusalem. Ein weiteres Argument für die Gleichsetzung von Pharao Schischak mit Thutmose III. ist die Idee von Jerobeam mit den goldenen Kälbern, die er ganz sicher aus Aegypten übernommen hat, wo er sich jahrelang aufhielt, denn dort wurde die goldene Hathor-Kuh verehrt. Ein berühmtes Vorbild dafür finden wir in dem Schrein aus Hatschepsuts Tempel in Deir el-Bahari. Die Pharaonen der achtzehnten Dynastie waren feurige Anhänger von Hathor, der himmlischen Kuh, der grossen Frau, der Meisterin des Himmels und der Erde.9

Aus welcher Zeit stammen die Amarna-Briefe?
Nach der revidierten Chronologie waren Joram von Israel sowie sein Namensvetter Joram von Juda Zeitgenossen des berühmten ägyptischen Pharaonen Echnaton (Amenhotep IV.). Beide Könige korrespondierten mit diesem Pharao in den berühmten Amarna-Briefen. In diesen hiessen sie Rib-Addi von Gubla und Sumur (Jesreel und Samarien) und Abdi-Hiba von Urusalim (Jerusalem). Andere Entsprechungen waren u.a. Abdi-Asirta und sein Nachfolger Azaru von Amurru, das sind Benhadad und Hasael von Aram. In den Briefen von Rib-Addi wird unter anderem über Abdi-Asirta (Benhadad) geklagt, der ihn mit einem Heer angegriffen und Samarien belagert hat. In einem der Briefe wird auch auf die Tatsache hingewiesen, dass früher der Vater (Benhadad) von dem Vater Jorams (Ahab) gefangen genommen war (vgl. 1 Könige 20,31-34). Ausserdem berichten die Briefe über Benhadads Anschläge gegen Joram, einen misslungenen Anschlag auf Joram, die Krankheit und den Tod Benhadads, die Hungersnot in Samarien und den Aufstand der Moabiter, die die „plündernden Truppen des (Königs) Mesa“ genannt werden.10

Schlussbemerkung und Aussichten
Für mich selber ist das Ergebnis dieser Untersuchung eine grosse Ueberraschung. Ueber den Vergleich der revidierten mit der neuen Chronologie ist mir bewusst geworden, dass es bis heute keine stichhaltigen Beweise für ein „sicheres“ Datum vor dem Jahre 664 vChr. ausserhalb der biblischen Chronologie gibt. Auch in meinen eigenen Untersuchungen habe ich an mir selber bemerkt, wie man immer wieder dazu tendiert, Argumente für die eigene Sicht anzunehmen und die Argumente gegen die eigene Sicht abzulehnen oder gar nicht zu erwähnen. Ich konnte festestellen, dass diese Tendenz in allen ausserbiblischen Chronologien zu finden ist. Mich selber hat die Untersuchung noch etwas anderes gelehrt: Es ist sehr gefährlich, den biblischen Bericht nicht ernst zu nehmen oder abzulehnen nur weil er gerade nicht der eigenen Sichtweise entspricht. So bin ich z.B. vor dieser Arbeit ein Verfechter der längeren Dauer des Aufenthaltes des Volkes Israel in Aegypten gewesen. Da aber die besseren Argumente für die kürzere Dauer sprechen, bin auch ich nach Abschluss dieser Arbeit zur Ueberzeugung gelangt, dass diese mit dem biblischen Bericht besser übereinstimmt. Deshalb trete ich heute für die Ueberzeugung ein, dass die biblische Chronologie von Abraham bis Jesus Christus nach James Ussher nach wie vor die zuverlässigste ist, und dass es auch heute keinen einzigen Grund gibt, daran zu zweifeln. Ich bin aber sehr gespannt, zu welchen Ergebnissen die Erforschung vor allem der Dritten Zwischenzeit gelangt. Diesbezüglich gehe ich mit David Rohl einig: „den Wissenschaftlern wird nichts anderes übrig bleiben, als das „scheinbar sichere“ Gebäude der ägyptischen Chronologie völlig abzureissen und dieses, ausgehend vom einzigen sicheren Datum (664 v.Chr.), neu aufzubauen“.11

Quellennachweis:

1) W.J.J. Glashouwer, So entstand Israel, Seiten 68-69
2) David Rohl, Pharaonen und Propheten, Seiten 386-388
3) W.J.J. Glashouwer, So entstand Israel, Seiten 55-56
4) Ebenda, Seiten 102/72-73
5) David Rohl, Pharaonen und Propheten, Seiten 281-285
6) Ebenda, Seite 170
7) Ebenda, Seite 43
8) W.J.J. Glashouwer, So entstand Israel, Seiten 125-127
9) Ebenda, Seiten 152
10) Ebenda, Seiten 142
11) David Rohl, Pharaonen und Propheten, Seite 170


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